Törichte Gedanken, Kap. 2

Neulich, wieder beim Laufen, tauchte aus gegebenem Anlass plötzlich die Frage nach dem berühmten "Hammermann" auf. Ihr wisst schon, der legendäre Fiesling , der, der Legende nach, irgendwo bei km 30 des Marathons warten soll und nicht enden wollendes Leid für die Athleten bereit hält.

Also, Herrschaften, ich weiß nicht, wie es Euch geht, ich kenne einen noch übleren Gesellen: den Mentalflüsterer. Der hat 1997 beim Köln-Marathon meinen internen Funkverkehr souffliert: "eigentlich habe ich gar keine Lust...". Ich sage Euch, ich habe mich in 4:30 fast weinend ins Ziel geschleppt!

Aber eigentlich mag er lieber Triathlon und lauert woanders:

An dem entscheidenden Punkt nämlich, da, wo über Leben und Tod entschieden wird: etwa bei km 1 der Laufstrecke.

Der Hektik des Wechsels und dem Trubel des Stadions (oder was auch immer) entronnen, bricht hier Ruhe über Dich herein. Und hier, wo Deine Gedanken ungeschützt schweifen, gesellt er sich zu Dir und flüstert Dir seine giftigen Fragen ins Hirn. Fragen, auf die zu antworten Du Dich gerade jetzt scheust: "Wie fühlst Du Dich?" oder "Wie weit noch?"
Du hast nur eine Chance.
Du siehst ihm stolz und ungebeugt ins Gesicht und sagst: "Weiche, ich bin stärker als Du! Ich erreiche die Ziellinie und Du wirst schwinden und musst vergehen! Weiche!"
Und er wird Dich nicht verstehen.
Deine endorphingeschwängerten Laute klingen für ihn wie "Äh...hä?" und er wird eine Leere in Deinen starren Augen sehen und diese Leere wird ihn schaudern lassen und er wird von Dir weichen und sich einen lustigeren Ort suchen.
Und Du wirst finishen, nicht ganz so aufrecht, aber immerhin!
Und was Du hinter der Ziellinie zu Protokoll geben wirst, darüber wollen wir lieber den gütigen Mantel des Vergessens breiten...